Mit zaghaften Schritten zur Mobilitätswende
Die Stadtratssitzung im Dezember 2024 war in vielerlei Hinsicht interessant. Einige Themen wurden kontrovers, teils philosophisch ambitioniert diskutiert. Weniger ambitioniert zeigte sich der Stadtrat bei der Mobilitätswende.
Kaufbeuren – Bereits 2020 hat der Stadtrat Kaufbeuren ein Mobilitätskonzept in Auftrag gegeben. Das Planungsbüro der Bernard-Gruppe hat zum Jahresende die Ergebnisse der Bürgerbefragung vorgestellt und ein Leitbild zur Abstimmung gegeben. Diese Themen wurden zunächst im Umweltausschuss diskutiert und dort wurde auch beschlossen, den aus der Bürgerbefragung empfohlenen Satz „Bevorrechtigung des Umweltverbundes (ÖPNV, Rad und Fuß) bei Nutzungskonflikten“ aus dem Leitbild zu streichen. Das veranlasste uns als ADFC-Kreisverband zusammen mit dem VCD eine Stellungnahme an Oberbürgermeister Bosse und den gesamten Stadtrat zu schicken, dass diese Entscheidung in der letzten Stadtratssitzung nochmals diskutiert und ggf. revidiert möge.
Die Dezemberstadtratssitzung war dann gleich in mehrerlei Hinsicht interessant. Das Leitbild zum Mobilitätskonzept wurde nochmals ausführlich diskutiert. Einige Stadträte hielten ein Plädoyer für die Bevorrechtigung des Umweltverbunds, um zu einem Gleichgewicht zwischen allen Verkehrsteilnehmern zu kommen und durch Stärkung der Schwächeren allen die Teilhabe am Verkehr zu ermöglichen. Der Zusatz würde nur in seltenen Fällen bei der Planung zum Tragen kommen und dann müsste eh im Einzelfall entschieden werden. Eine große Mehrheit sprach sich gegen diesen Zusatz aus. Dieser Satz wäre politisch motiviert, man wolle sich nicht von nur 80 Teilnehmern der Bürgerbeteiligung in der Planung bevormunden lassen. Die anderen Sätze im Leitbild beinhalten diese Planungsprämissen zwar bereits, bringt diese aber nicht so klar auf den Punkt. So wurde dann der Satz gestrichen und das Leitbild für das Mobilitätskonzept beschlossen.
Im weiteren Verlauf wurde dann darüber diskutiert, ob Radfahren in der Fußgängerzone über den einjährigen Versuch hinaus erlaubt bleiben soll. Einige Räte plädierten für ein Stopp des Radelns in der Fußgängerzone und verwiesen auf Radelrowdies an verschiedensten Stellen im Stadtgebiet und Erzählungen von Konflikten zwischen Fußgängern und Radlern. Hier stellte der Bürgermeister entgegen, dass es im ganzen Versuchszeitraum keine Anzeigen oder Unfallmeldungen bei Polizei oder im Rathaus gab. Die Antragstellerin für die Freigabe der Fußgängerzone plädierte noch einmal für ein gutes Miteinander und dafür, dass Radfahrer weiterhin besondere Rücksicht auf Fußgänger nehmen sollen. Radfahren mit Schrittgeschwindigkeit sei kein Balanceproblem, wichtig wären aber zusätzliche Radabstellmöglichkeiten in der Innenstadt, ergänzte eine weitere Stadträtin ganz im Sinne des ADFC.
Aufgrund guten Versuchsergebnisse und mit dem Ziel die Innenstadt durch mehr Publikum zu beleben, fand sich eine eindeutige Mehrheit für Radfahrer in der Fußgängerzone. Dass es Bedenken und sogar Gegenstimmen zum Radeln in der Fußgängerzone gab, verwundert umso mehr als der Stadtrat dem nächsten Antrag, LKWs über 18 t in die Fußgängerzone einfahren zu lassen, einstimmig folgte.
So können wir zum Jahresabschluss 2023 auch mit Blick auf die umgesetzten Punkte im Radverkehrskonzept für Kaufbeuren festhalten, dass die Mobilitätswende angegangen wird, aber leider weder zügig noch ambitioniert.