Expertenwissen zu Scheibenbremsen
Sascha Braun erläutert am ADFC Stammtisch, worauf man bei Scheibenbremsen achten sollte.
Kaufbeuren – Im Rahmen des monatlichen Stammtischs organisierte ADFC-Tourleiter Karl-Heinz Ruß einen Vortrag mit praktischer Demonstration zum Thema Scheibenbremsen. Sascha Braun von BIKERSDREAMS aus Kaufbeuren stellte die wichtigsten Kriterien für den Kauf und Hinweise zur Pflege der lebenswichtigen Radkomponente vor.
Was sollte ich beim Kauf eines neuen Fahrrads bzgl. der Bremsen beachten.
Gerade bei Pedelecs geben Kunden mehrere 1000 € für ihr Fahrrad aus. Besonderen Wert legen die Kunden auf Motor und Akkuleistung, dabei werden die Bremsen oft sträflich vernachlässigt. Scheibenbremsen sind heute Standard. Nur noch wenige Modelle haben mechanische Scheibenbremsen mit Seilzug. Die meisten Hersteller verbauen hydraulische Scheibenbremsen. Doch auch hier gibt es große Qualitätsunterschiede. Der Preis Bremse variiert hier zwischen 160 und 300 € was im Verhältnis zum Rad meist weniger als 10% für eine solch wichtige Komponente sind.
Während man für 160 € eine günstige, für den Alltag taugliche Bremse bekommt, empfiehlt Sascha hier beim E-Bike gerade im Hinblick auf Touren mit Gepäck und Fahrt im Gefälle nicht zu sparen und eine vernünftige Bremse im Wert von ca. 300 € einzubauen. Nachrüsten und Umbauen sei zwar grundsätzlich möglich, neben dem Material von ca. 300 € fallen dann aber durch aufwendige Verlegearbeit in modernen Rädern gerne mal Montagekosten von 150 € an.
Bremsen mit DOT-Bremsflüssigkeit sind wartungsintensiver, da Bremsflüssigkeit mindestens einmal im Jahr ausgewechselt werden sollte. DOT-Bremsflüssigkeit zieht Wasser aus der Umgebung. Durch dieses Wasser entstehen bei Hitze Lufteinschlüsse in der Leitung, welche die Bremskolben weiter herausdrücken und die Bremse schleifen lässt oder sogar zum kurzzeitigen Versagen der Bremse führen kann. Mineralöl hingegen ist unempfindlicher, Bremssysteme müssen seltener entlüftet werden. Bremsen der Marken Shimano und Magura verwenden grundsätzlich Mineralöl.
Bremskolben aus Keramik bewegen sich zuverlässiger und präziser, sie sind verschleißärmer, weil Schmutz weniger anhaftet, und sie leiten die Wärme besser ab als Stahlkolben. Keramikkolben erkennt man an der weißen Farbe.
Dass die Kolben präzise im Bremssattel laufen ist wichtig, damit die Bremsen nach dem Bremsvorgang wieder öffnen, nicht verkanten und dadurch schleifen.
Für hohe Bremskraft werden bei schweren Rädern auch Doppelkolbenbremsen mit vier statt zwei Kolben je Bremse verbaut. Manche Hersteller werben mit Doppelkolbenbremsen, verbauen aber Stahlkolben. Da lieber auf eine einfache Bremse mit Keramikkolben setzen.
Die Kolben übertragen die Kraft auf die Beläge. Hier kommt es auf die Fläche des Belags und das Material an. Gute Beläge weißen eine möglichst große Fläche auf, die auf die Scheibe drücken kann.
Resinbremsbeläge, also Bremsbeläge aus Kunstharz mit organischen Fasern sind für die allermeisten Anwendungen ausreichend. Im Downhillrennsport werden teilweise metallische Bremsbeläge eingesetzt, die bremsen noch kräftiger, schleifen die Bremsscheiben viel stärker ab. Daher rät Sascha seinen Kunden zu möglichst großflächigen Resinbremsbelägen, am besten die Originalbeläge. Also beim Tausch entweder mit den verschlissenen Belägen zum Händler gehen, oder die Nummer auf der Rückseite der Bremsbelagträgerplatte abfotografieren.
Mit der Bremsscheibe wird das Bremsmoment auf die Laufräder übertragen. Hier gibt es zwei wichtige Systeme zur Befestigung. Entweder Centerlock, wo die Scheibe auf eine Verzahnung an der Nabe gesteckt wird, oder die Scheibe wird mit sechs Schrauben seitlich auf die Nabe geschraubt.
Ein wichtiges Kriterium bei den Bremsscheiben ist der Durchmesser. Es gibt Scheiben mit 160 mm, 180 mm und 203 mm Durchmesser. Meist ist auf dem Vorderrad die größere Scheibe verbaut, weil vorne stets eine stärkere Bremswirkung erzielt wird.
Auch die Form der Bremsscheibe spielt eine Rolle, speziell geformte Öffnungen sorgen für eine gute Wärmeabführung, was für eine langanhaltende gute Bremsleistung sorgt.
Alu macht die Scheibe nicht nur leichter, sondern hilft bei der Wärmeabfuhr. Andere Werkstoffe bieten eine höhere Formstabilität bei Hitze oder Verschleißfestigkeit.
Was muss ich bei der Pflege des Fahrrads und zum Erhalt der Bremsleistung beachten.
Beim Abstellen des Fahrrads sollte man sorgfältig schauen, dass die Scheibe nicht den Fahrradständer berührt. Verbogene Scheiben lassen sich nicht reparieren und sorgen für ein Schleifen der Bremse.
Sollte man mal zu lange stark bremsen und die Bremse überhitzen, hört man das an einem Quietschen. Man kann versuchen durch immer wiederkehrendes Bremsenlösen für etwas Abkühlung zu sorgen. Später wenn die Bremsscheiben abgekühlt sind, kann man versuchen, die Verfärbungen auf den Scheiben und die glasige Oberfläche der Beläge mit einem groben (80er) Schleifpapier abzutragen. Vermutlich ist es aber besser die Beläge zu wechseln.
Bremsbeläge können abgenutzt sein, das hört man an einem metallischen Schleifen. Dann müssen die Beläge schnell gewechselt werden.
Bremsscheibe kann verschlissen sein. Nach mehreren Bremsbelägen sollte dann auch die Scheibe getauscht werden. Eine neue Shimano-Scheibe ist 1,8 mm dick. Mit 1,5 mm Dicke ist sie dann bereits verschlissen.
Quietschende Hinterradbremsen werden häufig durch Öl auf den Bremsbelägen verursacht. Das kann vom Kettenöl kommen. Daher kein Kettenspray verwenden, sondern lieber Öl aufträufeln. Nicht zu viel Öl auf die Kette, weil das sonst z.B. bei Regen auf die Scheibe spritzen kann und sich dann auf dem Bremsbelag ablagert. Das Öl bekommt man da nicht mehr raus. Ölige Bremsbeläge müssen getauscht werden und die Scheibe entfettet werden. Daher Kette vor dem Ölen mit einem Lappen vom alten Fett befreien, dann eine Umdrehung etwas Öl auftragen und überschüssiges Öl wieder mit dem Lappen abreiben.
Vielen Dank Sascha für den hilfreichen und anschaulichen Antrag.
Hier geht es zu unserem Sponsor und Trainer Sascha Braun's BIKERSDREAMS: https://www.bikersdreams.de/beratung/